Notenschutz und Nachteilsausgleich
Die Möglichkeit von "Notenschutz" und "Nachteilsausgleich" in der Schule sollen Ihnen und Ihrem Kind durch die oft erst mal schwierige Zeit im Zusammenhang mit der Legasthenie oder Dyskalkulie helfen.
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe vom 22.01.2023, auf Gund der Klage bayerischer Schüler über die Zeugnisbemerkung des Notenschutzes (Nichtbewertung der Rechtschreibung) im Abiturzeugnis, sind die Kultusministerien aller Bundesländer aufgerufen, die Bestimmungen zu überprüfen und anzupassen.
Wichtige Aussagen des Urteils:
Legasthenie wird als Behinderung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes gesehen (Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden).
Es besteht die Pflicht zu Inklusion (Notenschutz und Nachteilsausgleich) und damit das Recht des Kindes bzw. Jugendlichen.
Übergangsregelung für Bayern: Notenschutz darf bis zur Neuregelung nicht im Zeugnis vermerkt sein.
Grundsätzlich sollen Prüfungserleichterungen bei Behinderungen im Zeugnis vermerkt werden.
Für Bayern und Baden-Württemberg hier die wichtigsten derzeitigen Bestimmungen:
Gewährung von Notenschutz / Nachteilsausgleich in der Schule
Schulen in Bayern
Die Rechtsgrundlagen in Bezug auf Lese-Rechtschreib-Störung in Bayern sind geregelt im Bayerischen Gesetz über das Erziehung- und Unterrichtswesen (BayEUG, Art. 52, Abs. 5) und in der BayerischenSchulordnung vom 01.07.2016 (BaySchO, Teil 4, Individuelle Unterstützung, Nachteilsausgleich und Notenschutz, § 31 - 36).
Nachteilsaugleich und/oder Notenschutz müssen von den Eltern bei der Schulleitung schriftlich beantragt werden.
Die Eltern können ein Gutachten von einem Kinder- und Jugendpsychiater erstellen lassen. Es ist aber auch möglich, dass sie sich direkt an eine Schulpsychologin oder einen Schulpsychologen wenden. Bei Bedarf kann eine Stellungnahme für die Schule ausgestellt werden. Die Schulleitung entscheidet über Gewährung, Art und Umfang von Notenschutz und Nachteilsausgleich, die Empfehlungen des Schulpsychologen, der Schulpsychologin können - müssen aber nicht - einbezogen werden.
Maßnahmen bei einer Legasthenie sind:
- Unterstützung durch die Lehrkraft nach der BaySchO § 32 pädagogische Unterstützung, individuelle Förderung innerhalb des Unterrichts, technische Hilfen ... .
- Nachteilsausgleich nach der BaySchO § 33 wie z. B. Zeitverlängerung, Hilfe zu strukturieren, Vorlesen von Arbeitstexten und Arbeitsaufträgen.
Der Nachteilsausgleich wird nicht im Zeugnis vermerkt. - Notenschutz nach der BaySchO § 34 bei Legasthenie: Rechtschreibleistungen werden nicht bewertet, in Fremdsprachen werden gewusste Wörter, auch bei falscher Schreibweise, als richtig gewertet, mündliche Leistungen können stärker gewertet werden als schriftliche Leistungen (gilt nicht für Abschlussprüfungen).
Bei Lesestörung wird in Deutsch und den Fremdsprachen gegebenenfalls das Vorlesen nicht benotet. Wenn eine kombinierte Störung - Lesen und Schreiben - vorhanden ist, können beide Maßnahmen zusammen genommen werden. Notenschutz wird vermerkt im Zeugnis.
Die Regelungen gelten für allgemeinbildende und berufliche Schulen in Bayern.
Schulen in Baden-Württemberg
Die Verwaltungsvorschrift von Baden-Württemberg vom 22.08.2008 enthält Regelungen über die Leistungsfestsetzung und Leistungsbeurteilung. Es gibt keine eigene Verwaltungsvorschrift für Lese-Rechtschreib- und Rechenschwierigkeiten. Die Regelungen dazu sind enthalten in der Verwaltungsvorschrift für "Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderem Förderbedarf".
Schulische Förderung und Leistungsfeststellungen werden vom Vorliegen von Leistungsdefiziten abhängig gemacht. Wenn die Leistungen im Lesen und Schreiben über ein halbes Jahr schlechter als ausreichend sind, kann der Klassenlehrer, die Klassenlehrerin eine Überprüfung und Förderung einleiten. Beratungslehrer und Schulpsychologen können hinzugezogen werden. Die Klassenkonferenz unter Vorsitz des Schulleiters entscheidet über die Förderwürdigkeit, Notenschutz und Nachteilsausgleich. Dies gilt für die Klassenstufen 1 - 6. Ab Klasse 7 muss eine medizinisch diagnostizierte Lese-Rechtschreibstörung vorliegen.
Im Fach Deutsch kann bei festgestellter Lese-Rechtschreibstörung der Anteil des Lesens und Rechtschreibens im Vergleich zu den anderen Lernbereichen zurückhaltend gewertet werden (Pflichtregelung). In den anderen Fächern dürfen Rechtschreibleistungen nicht in die Beurteilung der Leistung einfließen (Pflichtregelung). Dies wird im Zeugnis festgehalten.
Bei einer schriftlichen Arbeit zur Bewertung der Rechtschreibleistung kann im Einzelfall eine andere Aufgabe gestellt oder Zeitzuschlag gewährt werden. Die Entscheidung der Klassen- bzw. Jahrgangskonferenz über die Gewährung von Nachtteilsausgleichen ist bindend für die Fachlehrer.
Die Eltern können jederzeit ein unabhängiges Gutachten von einem anerkannten Kinder- und Jugendpsychiater erstellen lassen. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn die schulische Förderung nicht ausreicht, die Kinder psychische Probleme in Folge der Lese-Rechtschreibschwierigkeiten haben und die Eltern eine außerschulische Förderung über das Jugendamt in die Wege leiten möchten.